Immer mehr Fashion- und Lifestyle-Labels nutzen qualitativ hochwertige Kundenmagazine, um zusätzliche Kaufanreize zu schaffen und Kunden an ihre Marken zu binden.
Nachdem ich (hier) bereits im April 2011 ausführlich über die Chancen und Risiken von Kundenmagazinen für Fashion- und Lifestylemarken geschrieben habe, hat sich nun auch die Sueddeutsche Zeitung des Themas angenommen. Unter dem Titel "Erste Reihe: Das Heft zur Marke" stellt Max Scharnigg einige der interessantesten Kundenmagazine kurz vor (die folgenden Texte entstammen dem SZ-Artikel):
Rika
Dafür, dass Rika einst mit schlichten Ledertaschen angefangen hat, sind im Magazin aber rekordverdächtig viele Brüste zu sehen? Ach so, dazwischen sind auch noch Jim-Morrison-Porträt und Motorräder eingeflochten, es geht also Richtung Rock'n'Roll. Die Kundenbindung ist äußerst locker gehalten, man erfährt nichts über Bezugsmöglichkeiten oder gar Preise der Fetzen. Das ganze Heft eine geheimnisvolle Muse. Frauenbild für diesen Sommer: Als Patti Smith verkleidet betrunken im Hinterhof rumknutschen.
Monki
Früher gab es nur den Otto-Katalog,heute hat jede größere Boutique ihr eigenes Magazin. Im Magazin der schwedische Kette Monki ist auf 75 Seiten kein Mann zu sehen. Stattdessen durchwandert die Leserin Mädchenzimmer. Höschenschubladen und bekommt eine Anleitung, wie sie einen putzigen Pappmache-Katzenkopf zum Selbertragen basteln kann. Pferde, Vögel, Schmusetiere, dazwischen geringelte Strümpfe. Frauenbild für diesen Sommer: Pippi Langstrumpf kommt in die Pubertät und hat nix anzuziehen, aber egal!
Asos
Die stark expandierende britische Internet-Mode-Plattform Asos flankiert ihr Geschäft mit einem monatlichen Heft aus echtem Papier. Es ist von einem Mädchenmagazin am Kiosk kaum zu unterscheiden - sogar an die Nivea-Werbung wurde gedacht. Dazu werden Hollywood- Nachrichten, Caleballes und Schminktipps gereicht. Brav: Alles, was man sieht, kann man bei Asos kaufen, Frauenbild für diesen Sommer: Mal im lässigen Nachthemd am Sunset Boulevard rumstehen und nach Cowboyhüten fragen.
H&M
Hätte man auch nicht gedacht: Das H&M-Magazin siezt seine Leserinnen. Davon abgesehen halten sich die Überraschungen in diesem Kompendium in Grenzen, die Optik des Heftes entspricht exakt der, die man von den Bushaltestellen kennt: Bikinidamen beim Strandlauf und Gisele Bündchen im Interview, alle Fotos mit Weichzeichner. Alle Models mit langen Haaren. Frauenbild für diesen Sommer: Fingerlange kurze Hosen, obenrum alles schön weit und damit dann als DJane an der Plava Karriere machen.
Weekday
Das "Freezine" des schwedischen Hipster-Ausstatters Weekday entpuppt sich als einzige Modestrecke,bevölkert von somnambulen
und dürren Menschen. Auf der letzten Seite werden Mitarbeiter
hinsichtlich ihrer geheimen Talente verhört. Der Effekt ist, dass man
sich nie mehr in eine Filiale traut, weil alle Angestellten offenbar überkreative Künstler sind, die nach Feierabend einen neuen Club eröffnen. Frauenbild für diesen Sommer: Lange Tops mit nix drunter
tragen und schlecht gelaunt sein.
Cos
Der edle Ableger des H&M-Imperiums gibt sich alle Mühe, sein Anspruchsdenken auch in Papierform zu untermauern: Viel luxuriösen Weißraum gibt es hier, nachdenkliche Models, ein beigelegtes Kunstposter, asketische Fotostrecken und Interviews mit absolut authentischen Menschen, wie einem Londoner Bäcker. Da fühlt sich die Zielgruppe der Urbanromantiker bestens verstanden. Frauenbild für diesen Sommer: Tagsüber im Breton-Shirt auf die Elite-Universität, abends über Ponys reden.
Net-a-Porter
Die Großmutter des Online-Fashion-Shoppings hat auch bei den Marken-Blättchen die Deutungshoheit: Die besten Labels werden hier ziemlich genialisch kombiniert, Jungdesigner ins Rampenlicht befördert und die Fashionblogger weltweit nehmen das als Vorgabe für ihr eigenes Trendgeflüster. Nicht nur was die Preise der gezeigten Teile angeht, ist es also von hier zur Vogue nicht mehr weit. Frauenbild für diesen Sommer: Mit Proenza-Schouler-Kleid beim Susan-Sontag-Lookalike-Contest Zweite werden.