Werbetreibende sind Gewohnheitsmenschen. Um Ostern und Weihnachten wurde ausgegeben, was das Budget hergab. Ab Januar und in den Sommerferien herrschte Ausgabestopp. Dass ja immer nur maximal 10 Prozent der Deutschen wirklich im Ausland im Urlaub waren und gerade in den Ferien viel mehr und mit Muße gelesen wurde, interessierte niemanden. Regelmäßig im Spätherbst und im Frühsommer wurden die Magazine dicker und dicker, die Werbeblöcke länger und länger. Wer dann aber gemütlich im Urlaub - Verzeihung: im Sommerloch - den Spiegel oder die Bunte und Gala las, hielt ein magereres Heftchen in den nach Sonnenmilch duftenden Händen.
Daran konnte selbst die in ihrer Verzweiflung von den werbeabhängigen Medien propagierte Share-of-Voice-Bewertung der Mediapläne nichts ändern. Hier wurde den Werbetreibenden vorgerechnet, welchen relativen Anteil an den Gesamtwerbeausgaben der relevanten Marktes eine einzelnen Marke haben würde. Ihren Share-of-Voice (SoV) eben. Und der ist nun mal bei gleichem Budget sehr viel höher, wenn man gezielt in den Zeiten wirbt, wo der Wettbewerb kein Werbewort verliert. Wenn man sich Gehör verschaffen will wartet man besser bis die anderen schweigen.
Nun hat uns die Krise ein Dauersommerloch beschert. Alles schweigt. Reflexartig werden Preise gesenkt und Werbebudgets eingefroren, um die Bilanzen zu retten. Marken verfallen im Wert und erodieren massenhaft in der Vergessensschleife. Wie die Lemminge versinken die Werbetreibenden in Angststarre. Lediglich die Abwrackprämienprofiteure der Automobilindustrie schreien uns noch ihre Angebote entgegen.
Dabei war die Chance selten größer, auch mit moderatem Budget zum SoV-Platzhirsch zu werden. "Schlechte Zeiten sind gute Zeiten für's Marketing" zitiert brandeins im letzten Heft (03|09) Florian Becker, Markt- und Werbepsychologe an der LMU, München. Nie waren die Magazine so dünn, die Anzeigentarife so niedrig wie heute. Im Moment lässt sich Werbung nicht nur deutlich günstiger einkaufen, sie ist auch um einiges wirksamer.
Und wer jetzt subversive Meinungsmache eines verzweifelten Werbers riecht, von einem, der ja schließlich nur von steigenden Budgets leben kann, dem sei der Artikel "Spot-billige Aufmerksamkeit" in o.g. brandeins wärmstens ans zweifelnde Herz gelegt. Hier finden sich mutmachende Beispiele großer Marken, die mit Weitsicht und Mut durch antizyklisches Investment aus Krisen als Gewinner hervorgingen.
Dass sich Werbeinvestitionen gerade in der Krise lohnen beweist auch eine Studie der Brand Control in Frankfurt, die in der aktuellen Horizont (13/09, Seite 48). Hier wurden die Spending-Strategien der führenden Automobilmarken analysiert und den Abverkaufserfolgen gegenüber gestellt. Ergebnis: Gerade in Krisenzeiten ist Werbung ein effizienter Wachstumstreiber.
Und den zögerlichen Modemarken sei zugerufen: Es wird Frühling. Ihre Kundinnen und Kunden haben Sehnsucht nach neuen Klamotten. Zeigen Sie Ihnen, was jetzt in den Kleiderschrank gehört! Ihre Mitbewerber verharren in Angststarre. Nie war Werbung so effizient.
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