Dienstag, 21. April 2009

Will ich Billig?


Gestern hatte ich ja versprochen, mich nach und nach den drängenden Fragen anzunehmen, die wohl den meisten Marketingverantwortlichen der Fashion- und Lifestyle-Marken dieser Tage durch den krisengeschüttelten Kopf gehen.

Kann ich, soll ich, darf ich die Preise senken, um den stagnierenden Absatz wieder auf die Sprünge zu helfen?

Die Antwort lautet: Kommt d'rauf an.

Natürlich sind Preissenkungen ein probates Mittel, um die Kaufschwellen herabzusetzen und Impulskäufe auszulösen. Seit Geiz geil ist sind sich selbst Gucci-Jünger nicht zu fein, den vermeintlichen Schnäppchen nach zu jagen. Möglicherweise verschafft die Preisreduzierung auch neuen Käuferschichten Zugang zu der bisher unerschwinglichen Marke und steigert so das Absatzpotenzial.

Sabine Fidler berichtet in der Textilwirtschaft vom 16.04.2009 (Seite 43) von Neuroökonomen, die herausgefunden haben wollen, dass: "... das menschliche Hirn auf Rabattschilder genau so reagiert wie auf Drogen. Im Hirnareal, dass das eigene Verhalten kontrolliert, lässt die Aktivität nach und dort, wo die Erwartung einer Belohnung gesteuert wird, zeigt der Kernspintomograph buntes Treiben." Also der Traum des Einzelhändlers: Lustgesteuerte Kaufwillige Kundinnen mit temporären Brieftaschenkontrollverlust.

Nun locken Marken (zumindest hoffentlich) mit einen relevanten Mehrwert gegenüber markenloser Discount- und Handelsware, der in der Regel abseits vom besonders günstigen Preis liegt. Das haben die Kunden gelernt und auch weitestgehend akzeptiert. Auch, dass bekannte Modemarken grundsätzlich teurer sind, als ihre namen- und markenlosen Alternativen. Senken Sie nun die Preise, ohne den Kunden eine nachvollziehbare Begründung hierfür zu geben, riskieren Sie, dass Ihre wertvolle Marke an Glaubwürdigkeit verliert. "Habe ich bisher denn immer zu viel für die Marke bezahlt?"

Tipp: Wenn Sie sich für das (letzte) Mittel der Preisreduzierung entscheiden, dann geben Sie den Kunden immer eine nachvollziehbare Begründung und achten Sie auf eine zeitliche Beschränkung des Price-Offs.

Haben sich die Käufer erst mal an ein niedriges Preisniveau gewöhnt, ist es verdammt schwer und bedarf es substanzieller Marketinginvestitionen, um das Preisniveau wieder auf das bisherige Level anzuheben! Habe ich einen Artikel eine zeitlang für 99,- € statt 189,- € bekommen ist er bald auch nur noch 99,- € wert.

Gerade im lukrativen Luxussegment wollen sich Kundinnen auch über den Besitz einer Marke, die dem (Verzeihung!) Plebs nicht unbedingt zugänglich ist von selbigen elitär abheben. Rennen einem plötzlich Kreti und Pleti mit der geliebten Marke über den Weg, ist es vorbei mit dem Mehrwert der sozialen Abgrenzung, die Marke ist für diese kaufkräftige Zielgruppe verbrannt. Mann achte nur auf die wundersame Vermehrung der Ed-Hardy-T-Shirt-tragenden Türkeiurlaubsheimkehrer.

Tipp: In der Regel besser als Price-Off-Aktionen sind Mehrwert- (so genannte Value- oder Zugabe-) Aktionen. Schon, weil nicht nur der Absatz sondern auch der Umsatz oben bleibt. Mehrwerte können sein: kostenloser Änderungsservice, Kulante Rücknahmeangebote, Treuerabatte, 3-für-2-Aktionen, Rabatte auf den Kauf kompletter Outfits etc. Werden Sie kreativ (oder lassen Sie sich von Profis helfen)!

Auch wenn Rabattaktionen ein probates Marketing-Tool zur Absatzsteigerung sind, leiden jedoch immer Marke und Marge. Deswegen sollten Preisreduzierungen immer zu den wirklich letzten Marketinghilfsmittel gehören, die in der Not angewendet werden.


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